20.05.2021
Yamaha SR500 auf einer HURCO gebaut
Ein Herzensprojekt von Maxime Fontvielle
Es ist nichts ungewöhnliches daran, ein Custom-Bike hauptsächlich für eine Messe aufzubauen. Doch was, wenn die betreffende Messe gar nichts mit Custom-Bikes zu tun hat? Das ist schon überraschend.
Die hier abgebildete Yamaha SR500, ein Flat Tracker bzw. Speedway-Bike mit markantem Design, ist das Lieblingsprojekt des 27-jährigen Maxime Fontvielle. Er arbeitet als Anwendungstechniker bei der französischen Niederlassung des US-amerikanischen Werkzeugmaschinenherstellers HURCO. Seinen beruflichen Werdegang schlug er wegen seiner Liebe zu Zweirädern ein.
„Als Teenager“, erzählt er uns, „galt meine Leidenschaft Motorrädern. Beim Stöbern in diversen Foren sah ich Leute, die Teile für Rennmotorräder der 90er Jahre herstellten. Da dachte ich: Das will ich auch machen! Ich durchlief Lehrstellen bei verschiedenen Firmen und fing dann bei HURCO an.“
Zufällig entdeckte Maxime eine schrottreife Yamaha SR500 für nur 100 Euro und hatte eine glänzende Idee: Er wollte sie als Ausstellungsstück für seine Firma wieder aufbauen, um sie auf Messen der Werkzeugmaschinenbranche zu präsentieren.
Das etwas andere Ausstellungsstück
„Auf den Messen“, sagt er, „führen die Hersteller jedes Jahr ihre neuen Maschinen mit klassischen Teilen aus der Luftfahrtindustrie vor. Meiner Meinung nach fehlte dem Ganzen ein bisschen an Leidenschaft und Esprit.“
Ich wollte ein schönes Motorrad mit Teilen aufbauen, die mit einer Werkzeugmaschine bearbeitet wurden. Also machte ich meinem Chef den Vorschlag, dieses Bike als echtes Speedway-Monster herzurichten. Amerikanische Rennsportdisziplin, amerikanisches Unternehmen … passt doch wie die Faust aufs Auge!“
Klugerweise gab Maximes Chef das Okay – doch bis zur nächsten Messe blieben nur drei Monate Zeit. Daher beschloss Maxime, die Arbeit aufzuteilen. Den Wiederaufbau des Motors vertraute er der Pariser Werkstatt Machines et Moteurs an, mit einer sehr genauen Checkliste. Unterdessen konzentrierte er sich auf das Fahrwerk.
Zurück kam der Motor mit einer Hubraumsteigerung auf 540 cm³ und zahlreichen Veränderungen im Inneren. Zu den Highlights zählen eine schärfere Nockenwelle, ein verbesserter Ölfluss, ein Mikuni-TMR36-Vergaser und ein K&N-Filter. Außerdem gibt es einen neuen Krümmer und einen Megaphon-Schalldämpfer mit Gegenkonus, beide von SC Project aus Italien.
Stück für Stück zu einem Einzelstück
Maximes erste Aufgabe am Fahrwerk war der Einbau eines 19-Zoll-Hinterrads passend zum Vorderrad. Am Ende besorgte er sich ein zweites SR-Rad und bearbeitete es so, dass es ein Ritzel und eine 300-mm-Bremsscheibe aufnehmen konnte. Anschließend fertigte er spezielle Radachsen an, passte das Vorderrad an größere Lager an und machte beide Räder leichter, indem er die Speichen „aufspaltete“.
Vorne gibt es keine Bremse, dafür aber hinten einen Bremssattel und Hauptbremszylinder von Brembo, verbunden durch eine Leitung mit Edelstahlummantelung. Da Maxime das Motorrad von einer hinteren Trommelbremse umgerüstet hat, ist die gesamte Bremsanlage maßgefertigt – bis hin zur Bremssattelhalterung und den Fußschaltern.
Vorne ist eine Yamaha-XJR1200-Federgabel verbaut; Lenkervorbau, Gabelbrücken und Lenkererhöhungen sind Spezialanfertigungen.
Hinten sind zwei neue Stoßdämpfer an einer speziell angefertigten Schwinge befestigt – ein Teil, das sich Maximes Chef gewünscht hat, um die Leistungsfähigkeit der Werkzeugmaschinen von HURCO zu demonstrieren. Die Schwinge wurde in Zusammenarbeit mit der CAD/CAM-Firma Mastercam hergestellt und ist speziell auf dieses Motorrad zugeschnitten. Sie verfügt über kleine Details wie eine Bremssattel-Stützhalterung und Stützen für einen Fahrerlagerständer.
Custom Bike in Hurco Farben
Ein raffiniertes Teil, das man aus der Nähe bewundern muss; doch das gilt genauso für die anderen Custom-Details an dieser Yamaha.
Von den Motordeckeln über die massiven Fußrasten bis hin zum Kickstarthebel und -pedal – Maxime hat sich wirklich ins Zeug gelegt, ohne es zu übertreiben. Bei noch genauerem Hinsehen entdeckt man weitere feine Details, wie etwa die Logos, die an den Seiten der Gabelbrücken eingraviert sind.
Im oberen Bereich befinden sich eine Heckverkleidung von Airtech Streamling, die zum Original-Benzintank passt, eine vordere Startnummerntafel und ein Speedway-Lenker. Bei der Lackierung half Maximes Bruder, ein Designer bei der österreichischen Designagentur Kiska, mit über dreißig Entwürfen aus – allesamt in den Firmenfarben von Hurco.
Alles ist jetzt in Schwarz und Grau lackiert, mit zwei Blautönen als Akzente (einer für die Lackierung und einer für die Eloxierung). Ein anderer Freund, Jerome, kümmerte sich um die Aufkleber; sie sind ein Dankeschön an alle Partnerfirmen, die am Projekt mitgewirkt haben.
Die SR sieht nicht nur verdammt gut aus, sondern bietet dem Vernehmen nach auch viel Fahrspaß. Schon bald möchte Maxime mit der Maschine auf einer Speedway-Bahn wilde Drifts hinlegen … doch bis dahin besteht seine Hauptaufgabe darin, HURCOs nächsten Messestand in Szene zu setzen.
Zachary Lovelace
Bilder: ©Yann Deret
Artikel aus www.bikeexif.com